Christina Pallmann ist Head of Employer Branding und Recruiting bei GLOBUS Markthallen. In ihrer vorherigen Funktion bei dem Softwareentwicklungs- und Beratungsunternehmen ERNI hat sie einen Kulturentwicklungsprozess begleitet, der die Organisation nachhaltig verändert hat.

Frau Pallmann, welche Rolle spielt die Unternehmenskultur für die Bindung von Mitarbeitenden?
Neben Gehalt und Aufstiegschancen ist die Unternehmenskultur einer der wichtigsten Gründe dafür, dass Menschen in einer Organisation bleiben. Dabei spielt auch die Führung eine Rolle. Denn die Führungskultur ist Teil der Firmenkultur. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zählt letztlich, wie das Miteinander in der Organisation ist, wie Führungskräfte und Kolleg:innen mit ihnen umgehen und wie die Arbeitsbedingungen sind. Von diesen kulturellen Faktoren hängt ab, ob Menschen gehen oder bleiben. Und da wir mittlerweile in vielen Bereichen einen Arbeitnehmer:innenmarkt haben, sollten wir berücksichtigen, dass die Mitarbeitenden diese Entscheidung jeden Tag aufs Neue treffen können.
Was verbirgt sich für Sie hinter dem Begriff „Firmenkultur“?
Die Firmenkultur ist für mich nicht unbedingt das, was sich jemand ausgedacht und an Plakatwände geschrieben hat, sondern es ist das, was die Menschen im Unternehmen jeden Tag leben. Diese Kultur zeigt sich in der Art und Weise, wie wir Aufgaben angehen, miteinander umgehen, Räume gestalten und Arbeitsmittel zur Verfügung stellen. Dabei geht es weniger darum, wie sich ein Unternehmen nach außen zeigt, sondern darum, wie es nach innen wirklich ist.
Diese Kultur lebt, wie Sie sagen, vom Verhalten der Menschen. Wie lässt sie sich gezielt verändern?
In meiner früheren Rolle bei dem Beratungsunternehmen ERNI haben wir einen Kulturwandel angestoßen, den ich begleiten und voranbringen durfte. Die Geschäftsführung wollte das Unternehmen zukunftsfit machen und dafür sorgen, dass es innovativ bleibt. Unser Geschäftsführer hat sich dabei von dem Unternehmen Novartis inspirieren lassen, das ein ähnliches Vorhaben umgesetzt hat. Das dahinterliegende Konzept heißt Unboss – und es geht darum, die Eigenverantwortung zu stärken und die Menschen dazu zu bringen, über Abteilungsgrenzen und Zuständigkeitsbereiche hinauszudenken und sich stärker austauschen. Erreicht haben wir das, indem wir die Mitarbeitenden und die Führungskräfte sehr stark in diesen Prozess mit einbezogen haben.
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Im ersten Schritt ging es darum, die Führungskräfte zu überzeugen. Denn deren Rolle hat sich durch das Projekt Unboss deutlich gewandelt: von einem eher klassischen Führungsverständnis hin zu einer coachenden und beratenden Funktion. Führungskräfte sollten unterstützen, aber nicht mehr alles vorgeben, sondern möglichst viele Prozesse an die Mitarbeitenden übergeben.
Im nächsten Schritt haben wir dann alle 850 Mitarbeitenden sukzessive über Workshops ins Boot geholt – und das an mehreren Standorten in unterschiedlichen Ländern. Wir wollten, dass alle auf demselben Stand sind und dieselbe Chance haben, sich in das Projekt einzubringen und Vorschläge für Veränderungen zu machen.
Können Sie Beispiele für solche Veränderungen geben?
Die Veränderungen betrafen zum Beispiel Freigabeprozesse, die wir abgeschafft oder verändert haben. Dienstreisen oder Urlaube...